Türkei:
Militäraffäre erschüttert Türkei
Nun ist auch der ermittelnde Staatsanwalt im Visier von Ermittlungen.
Seit Tagen beschäftigt die Affäre um einen Anschlag im Kurdengebiet die türkische Öffentlichkeit.
Der Grund: Die Nummer zwei der türkischen Armee soll in den Fall involviert sein und ihre schützende Hand über die Attentäter gehalten haben. Die Affäre führte bereits zu erheblichen Spannungen zwischen der türkischen Regierung und dem mächtigen Militär.
Anklage wegen Anschlages
Zwei Angehörige des türkischen Militärs und ein Informant müssen sich nun wegen des Bombenanschlags und illegaler Geheimdienstoperationen im Kurdengebiet vor Gericht verantworten.
Das Gericht in der osttürkischen Stadt Van habe den Verhandlungsbeginn auf den 4. Mai festgelegt.
Ein Toter, sechs Verletzte
Die zwei Unteroffiziere der paramilitärischen Gendarmerie sollen zusammen mit einem Informanten eine Bombe in die Buchhandlung eines PKK-Sympathisanten geworfen haben.
Bei dem Anschlag in der Kleinstadt Semdinli waren im vergangenen November ein Mensch getötet und sechs verletzt worden. Die Staatsanwaltschaft forderte lebenslange Haftstrafen für die drei Angeklagten.
Vorwürfe gegen hohen Militär
Politische Brisanz hat die Affäre dadurch erlangt, dass in der Anklageschrift zugleich Vorwürfe gegen den türkischen Heereschef Yasar Büyükanit erhoben werden.
Dem General, der einen der beiden angeklagten Unteroffiziere als "guten Burschen" bezeichnet haben soll, wird Einflussnahme auf die Justiz vorgeworfen.
"Kriminelle Vereinigung"
Darüber hinaus wird der General bezichtigt, in seiner Zeit als Kommandant des 7. Armeekorps im südosttürkischen Diyarbakir mit Untergebenen eine "kriminelle Vereinigung" gegründet zu haben. Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung lauten weitere Vorwürfe.
General als Anstifter?
In der Anklageschrift heißt es, die drei Angeklagten hätten nicht ohne Wissen der örtlichen Militärkommandeure handeln können.
Der General soll die drei zum Anschlag angestiftet haben, um die Regierung von der Gewährung von mehr Rechten für die kurdische Minderheit abzuhalten und um den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union gezielt zu hintertreiben.
Diese Rechte für die Kurden sind eine wichtige Bedingung der EU für den von der Türkei angestrebten Beitritt. Die Gespräche über einen Beitritt haben offiziell im vergangenen Oktober begonnen, eine Mitgliedschaft des Landes wird nicht vor 2015 erwartet.
Ministerium ermittelt gegen Staatsanwalt
Das türkische Justizministerium leitete zudem Untersuchungen gegen Staatsanwalt Ferhat Sarikaya wegen dessen Ermittlungen gegen Büyükanit ein.
Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi hat das Justizministerium zwei Ermittler in die ostanatolische Provinz Van geschickt, um das Vorgehen des Staatsanwalts zu untersuchen.
Spannungen zwischen Regierung und Militär
Sarikayas Vorgehen nährte in der Türkei neue Ängste vor Spannungen zwischen staatlichen Behörden und dem mächtigen Militär.
Laut türkischen Medienberichten ist die Militärführung wegen der Vorwürfe gegen Büyükanit tief beunruhigt. Weil der Heereschef als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge des im August in den Ruhestand tretenden Generalstabschefs Hilmi Özkök gilt, wurden Spekulationen laut, dem General solle der Weg an die Spitze verbaut werden.
Erdogan stellt sich hinter Armee
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan stellte sich in der Affäre, die seit Tagen die türkische Öffentlichkeit beschäftigt, demonstrativ hinter die Armee.
Erdogan warnte davor, mit solchen Behauptungen Regierung und Militär gegeneinander aufzubringen. Er kritisierte insbesondere den Oppositionsführer Deniz Baykal, der das Vorgehen des Staatsanwalts mit einem "Putschversuch gegen die Streitkräfte" verglichen hatte.
Er beschuldigte Vertreter der Medien, aus gezielt geschürten Konflikten zwischen Militär und Justiz kurzfristigen Profit schlagen zu wollen.
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